Weshalb Anna Ermakova kein klassisches „Nepo Baby“ ist (2024)

Let‘s-Dance-Siegerin

Weshalb Anna Ermakova kein klassisches „Nepo Baby“ ist

Weshalb Anna Ermakova kein klassisches „Nepo Baby“ ist (1)

Anna Ermakova hat mit ihrem Tanzpartner Valentin Lusin die RTL-Show „Let's Dance“ gewonnen.

Quelle: Getty Images

Boris Beckers Tochter gewinnt die beliebte RTL-Tanzshow. Macht sie jetzt wie so viele Kinder berühmter Eltern Karriere? Über einen berüchtigten Promitypus und seine Abstufungen.

Er ist schon irgendwie fies, dieser Begriff. „Nepo Babys“ – da schwingt Missgunst mit, auch ein wenig Gehässigkeit. Er beschreibt einen bestimmten Promitypus, der schon länger bekannt, seit einer provokanten Titelstory im „New York“-Magazin aus dem vergangenen Jahr aber mit dieser Bezeichnung endgültig und untrennbar verbunden ist. Nepo, kurz für Nepotismus, Vetternwirtschaft – es geht um Kinder berühmter Eltern, die selbst berühmt werden. In den allermeisten Fällen, das suggeriert der Begriff, nicht trotz, sondern wegen ihrer Abstammung. Fies. Aber halt häufig auch zutreffend.

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Am Freitagabend nun also hat Anna Ermakova die 16. Staffel der RTL-Tanzshow „Let‘s Dance“ gewonnen. Ermakowa, 23, Tochter von Angela Ermakova, in den Neunzigern mäßig erfolgreiches Model in London – und von Boris Becker, Tennisikone, mehrmaliger Wimbledon-Sieger, einer der bekanntesten Deutschen überhaupt. Becker-Kinder stehen qua Geburt im Rampenlicht, Noah und Elias aus erster Ehe mit Barbara lassen grüßen. Macht das Anna Ermakova, den frisch gekürten „Dancing Star 2023″, also zu einem klassischen „Nepo Baby“?

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Die kurze, vielleicht erst einmal nicht ganz befriedigende Antwort: Es kommt auf den Betrachtungswinkel an. Mit ihrer Vita – sie hat Kunstgeschichte studiert, hat gemodelt, lief mal auf der Berlin Fashion Week, hatte ein paar Werbeverträge in der Tasche, zierte das eine oder andere Zeitschriftencover – muss man nicht zwangsläufig zum Cast eines bei Millionen Fernsehzuschauern beliebten Prime-Time-Formats gehören. Ohne Papa Boris keine Dancing Queen Anna, das ist die manchmal zynische Logik des Privatfernsehens.

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Andererseits, und das ist das angenehme an dieser Anna Ermakova: Ihre Prominenz, die durch ihren Let‘s-Dance-Erfolg in Deutschland nun rapide steigen dürfte, wirkt nicht wie an Reißbrett entworfen, nicht wie eine kalte Businessentscheidung. Als müsse man nur diesen Hebel bedienen und dann geht es ab. Das Interesse an Ermakova war zwar riesig, als sie geboren wurde, schließlich entstand sie aus einer Affäre, die Becker zunächst geleugnet hatte. Als die ersten Fotos von der kleinen Anna an die Öffentlichkeit kamen, lachte eine ganze Nation. Nicht über Anna Ermakowa, sondern über den Papa. Für einen positiven Vaterschaftstest reichte schlicht der Anblick dieses Kindes.

Kalkuliertes Understatement – oder einfach die Wahrheit?

Aber danach zogen sich Mutter und Tochter aus dem Scheinwerferlicht zurück, Anna Ermakova konnte in England in Ruhe aufwachsen, aus ihrem Privatleben ist aus dieser Zeit entsprechend wenig bekannt. Bis zuletzt mied sie weitgehend die Öffentlichkeit in der Heimat ihres berühmten Vaters, erst mit der lukrativ vergüteten Teilnahme an der populären Tanzshow wich sie erstmals davon ab. „Ich bin von England nach Deutschland gekommen, um zu tanzen. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier mit so offenen Armen aufgenommen werde“, sagte sie nach ihrem Sieg.

Kalkuliertes Understatement, mag man lästern. Vielleicht ist es aber auch einfach die Wahrheit. Es ist nicht lange her, dass ihr Vater wegen Insolvenzvergehen in Großbritannien in Haft saß, hinzu kommen die Umstände ihrer Zeugung. Ermakova lernt zwar gerade erst Deutsch, trotzdem dürfte sie schon einige Wörter kennen, denen man für gewöhnlich eher nicht im Sprachkurs begegnet: Besenkammeraffäre etwa, oder Samenraub. Sie ist nicht nur die Tochter eines berühmten Vaters. Sondern auch eine Frau mit einem scheinbaren Makel, für den sie nichts kann, und von dem jeder weiß. Das macht das Tanzparkett mindestens ein kleines bisschen steiniger.

Ein klassisches „Nepo Baby“ ist diese Anna Ermakova also eher nicht. Wenn man die Gemeinheit besitzt, ein „Nepo Baby“ aus jüngerer Zeit küren zu wollen, dann schon eher Leni Klum, Tochter von Topmodel und TV-Star Heidi Klum. Ihr leiblicher Vater ist Ex-Formel-1-Manager Flavio Briatore, der Musiker Seal hat sie adoptiert, Tom Kaulitz von Tokio Hotel ist ihr Stiefvater. Da gehen Türen auf. Leni Klum jedenfalls fährt voll auf dem Ticket von Heidi, startete 2021 in die Modelkarriere mit einem gemeinsamen Mutter-Tochter-Shooting für die „Vogue“, zuletzt sorgte eine Unterwäschekampagne der beiden für Schlagzeilen. Nicht nur für wohlwollende.

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Über die Fähigkeiten des Prominachwuchses sagt der Begriff „Nepo Baby“ im Übrigen erst einmal nichts aus. Er behauptet nur, dass der Bekanntheitsgrad die Startbedingungen verändert – egal, ob die Eltern ihre Kinder gezielt aufbauen oder diese selbst den Entschluss fassen, Karriere machen zu wollen. Die Ochsenknecht-Kinder sind so ein Beispiel, die Töchter von Til Schweiger, Anfang des Jahrtausends war Ben Tewaag, Sohn von Uschi Glas und Bernd Tewaag, das Paradebeispiel des in die Öffentlichkeit strebenden Promisprosses. Dass man sich heute weniger an sein Talent, sondern eher an seine Konflikte mit dem Gesetz erinnert, steht für sich.

Wenn ein Netflix-Welterfolg hilft, aus dem Schatten zu treten

Es gib aber natürlich auch die, die nicht nur mit einem Bekanntheitsboost ins Berufsleben starten. Sondern die auch noch derart talentiert sind, dass es, wenn nicht ganz, so doch ein bisschen egal ist, wer sie gezeugt hat. Maya Hawke etwa, Tochter von Uma Thurman und Ethan Hawke, hat sich durch ihre Rolle im Netflix-Welterfolg „Stranger Things“ nachhaltig von ihren Eltern emanzipiert. Was sich positiv auf ihr öffentliches Bild auswirkt: Hawke erklärte in der Vergangenheit in Interviews, dass es den Nepo-Baby-Faktor zwar gebe. Dass man sie als Kind aber bewusst aus Filmprojekten herausgehalten habe.

Und dann ist da noch Jamie Lee Curtis, Tochter von Tony Curtis und Janet Leigh, mittlerweile selbst eine Schauspiellegende. Als die Diskussion vom „New York“-Magazin Ende 2022 befeuert wurde, schrieb die 64-Jährige bei Instagram: „Ich bin eine professionelle Schauspielerin, seitdem ich 19 bin. Das macht mich also zu einem Nepo Baby.“ Die Debatte diene nur dazu, „herabzuwürdigen, zu verunglimpfen und zu verletzen“.

Im März gewann Curtis den Oscar als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle im Film „Everything Everywhere All at Once“. Ihre Eltern hatten es nie über eine Nominierung hinausgeschafft.

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Anna Ermakowa hat nun auch einen Preis gewonnen. Zwar keinen Oscar, aber einen Pokal in der Gestalt einer Disco*kugel, immerhin. Mit dem reist sie jetzt nach Hause nach London. Und mit der Gewissheit im Gepäck, dass sie ganz ordentlich tanzen kann. Wegen oder trotz Boris? Wie gut, dass das in diesem Fall mal tatsächlich egal ist.

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